Fortsetzung von Heinrich Heines DONNA CLARA

Heinrich Heine, Donna Clara

Fortsetzung IvHei:

Rosen, Mandelblüten, Lilien:
Wie erstarrt stehn sie im Mondschein.
Claras blasses Antlitz färbt sich
Plötzlich tief mit Zornesröte.

„Schändlich habt Ihr mich betrogen!“
Finster senkt sie ihre Stirne,
Wütend stampft sie auf den Boden.
„Nie will ich Euch wiedersehen!“

„Mutter, eng wird mir das Mieder.“
„Wer von allen Rittern ist es?“
„Niemals werd ich es bekennen!“
„Wirf dich vor dem Vater nieder!“

„Geh mir aus den Augen, Dirne,
Du bist nicht mehr meine Tochter!“
Und sie schnürt ein kleines Bündel
Und verlässt das Schloss im Frühlicht.

Ziellos streift sie durch die Straßen
Saragossas, hier und dorthin.
Was soll sie jetzt nur beginnen?
Und sie wendet sich zum Ebro.

Lange steht sie unentschlossen.
„Warten will ich, bis am Abend
Mich die Wasser mit sich nehmen.“
Und sie hockt sich kläglich nieder.

Frauen kommen mit der Wäsche.
„Wer ist die? Sie ist so kostbar
Angezogen und so traurig“,
Tuscheln sie und gehen näher.

Und die eine: „Oft schon hat mir
Meine Herrin streng befohlen:
Bring mir jede, die verzweifelt
Dort am Fluss ist mit nach Hause!“

Zögernd steht sie an der Schwelle –
Unbekannt ist ihr das Zeichen –
Von der Tür des großen Rabbi.
Mitleidvoll wird sie empfangen.

Und an dieser Stelle müssen
Wir der Einsicht und der Liebe
Beider Seiten überlassen,
Ob sie sich zusammenfinden.

http://de.wikisource.org/wiki/Donna_Clara
Rosen, Mandelblüten, Lilien:
Wie erstarrt stehn sie im Mondschein.
Claras blasses Antlitz färbt sich
Plötzlich tief mit Zornesröte.

„Schändlich habt Ihr mich betrogen!“
Finster senkt sie ihre Stirne,
Wütend stampft sie auf den Boden.
„Nie will ich Euch wiedersehen!“

„Mutter, eng wird mir das Mieder.“
„Wer von allen Rittern ist es?“
„Niemals werd ich es bekennen!“
„Wirf dich vor dem Vater nieder!“

„Geh mir aus den Augen, Dirne,
Du bist nicht mehr meine Tochter!“
Und sie schnürt ein kleines Bündel
Und verlässt das Schloss im Frühlicht.

Ziellos streift sie durch die Straßen
Saragossas, hier und dorthin.
Was soll sie jetzt nur beginnen?
Und sie wendet sich zum Ebro.

Lange steht sie unentschlossen.
„Warten will ich, bis am Abend
Mich die Wasser mit sich nehmen.“
Und sie hockt sich kläglich nieder.

Frauen kommen mit der Wäsche.
„Wer ist die? Sie ist so kostbar
Angezogen und so traurig“,
Tuscheln sie und gehen näher.

Und die eine: „Oft schon hat mir
Meine Herrin streng befohlen:
Bring mir jede, die verzweifelt
Dort am Fluss ist mit nach Hause!“

Zögernd steht sie an der Schwelle –
Unbekannt ist ihr das Zeichen –
Von der Tür des großen Rabbi.
Mitleidvoll wird sie empfangen.

Und an dieser Stelle müssen
Wir der Einsicht und der Liebe
Beider Seiten überlassen,
Ob sie sich zusammenfinden.

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