Gesprächstherapie
Die Wirkung der Gesprächstherapie beruht darauf, dass die Klientin so viel Mühe darauf verwenden muss, ihr Problem der Therapeutin verständlich zu machen, dass sie es schließlich selbst versteht.
Erwartung
Wenn ich etwas (Neues) unternehme, tue ich erst einmal so, als ob ich glaubte, es würde gelingen. Wenn es dann wirklich gelingt, bin ich überrascht.
Glaube
Ja, warum eigentlich nicht an Gott glauben, warum kein religiöser Mensch sein?
Ich fühle mich nach meiner Knieoperation – obwohl ich wieder gut laufen kann – schließlich auch an Stöcken sicherer.
Emuna oder Humor
Eine vor Kurzem aufgefundene Fassung des Buches BERESCHIT bringt folgende Ergänzung (nach 440 vor unserer Zeitrechnung abgefasst, zu Genesis 1,19 „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis dass du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“): „Doch damit du nicht verzweifelst, gebe ich dir die Wahl zwischen EMUNA, das ist Glaube, und HUMOR. Wähle gut!“
(In meinem kleinen Wörterbuch finde ich dt. Humor > hebr. Humor. Im großen Online-Wörterbuch Deutsch-Hebräisch – http://www.milon.li/ – gibt es das Wort nicht. Uri schreibt: Humor heißt auch hebräisch Humor.)
Stellvertretung
Ich lerne eher durch Abschreckung als durch „gutes Beispiel“: Seit ich aus XY zurück bin, räume ich eine Schublade nach der anderen auf, und seit ich auf der Goldenen Hochzeit war, versuche ich mein Gewicht zu reduzieren.
Schließlich habe ich gelernt: Ich kann nur mich selbst und nicht andere ändern. Lieber als Schubladen aufräumen wäre mir, wenn A ihre Wohnung aufräumen würde, und lieber als auf 58 kg runterzukommen, wäre es mir, wenn ich denken könnte, diese alten dicken Frauen würden sich vernünftig ernähren und ihr Gewicht auf ein vernünftiges Maß reduzieren.
Es ist so eine Art Stellvertretung – die mir aber Nutzen bringt.
Telefonseelsorge (zum 40. Jahrestag in Wolfsburg)
Meine älteste Erfahrung mit der TS ist, dass mich ein Freund, als Ferngespräche noch teuer waren, regelmäßig aus Berlin anrief, wenn er Dienst bei der TS hatte.
Die zweite ist eine sogenannte persönliche Erinnerung. Die Mutter brauchte Pflege. Ich würde das nicht schaffen – noch war ich berufstätig und die Beziehung war in ihrem Alter schlecht geworden. Dass ich da nichts Unmögliches von mir zu verlangen brauchte, sollte die TS bestätigen. Als ich dachte, der Besitzer der alten Männerstimme hätte verstanden, sagte sie mit einem kleinen Seufzer: „Ja, es ist keine Liebe mehr unter den Menschen!“
Die dritte Erfahrung war die: Eine fremde junge Frauenstimme fragte, ob sie bei mir bei der TS sei. Ich erklärte ihr, sie habe wohl falsch gewählt, und da sagte sie: „Ihre Stimme klingt so nett, kann ich nicht Ihnen erzählen?“ Nun ja, ich war gerade nicht eilig und kann ja immer auf meine GT-Ausbildung zurückgreifen. Sie legte eine halbe Stunde später offenbar zufrieden auf.
Weisheiten
– Das Wohlbefinden hängt davon ab, inwieweit es gelingt, die Illusion „alles ist in Ordnung“ herzustellen, d.h. wie viel Kraft eine zu einem gegebenen Zeitpunkt aufbringt, diese Illusion herzustellen und an ihr festzuhalten.
– Wieso gehen wir davon aus, dass Heilsein der Normalzustand wäre? Wenn wir das tun, müssen wir leider feststellen, dass wir unaufhörlich von diesem „Normalzustand“ abweichen. Der logische Schluss aus dieser Feststellung ist: Nicht Heilsein, sondern Defizitärsein ist der Normalzustand.
– Jedes Paradies hat eine örtliche und eine zeitliche Koordinate. Deshalb kann man, ebenso wenig wie man in denselben Fluss steigen kann, in dasselbe Paradies zurückkehren.
– Alter ist eine Behinderung unter vielen anderen. Nur gut, dass sie erst spät im Leben eintritt!
– Paare sind deshalb glücklicher als Singles, weil sie sich weniger langweilen. Wenn ihnen nichts einfällt, können sie immer noch streiten.
– Ihr wisst doch: Selten – oder nie? – wird etwas so schön, wie wir hoffen, und so schlimm, wie wir fürchten.
Wettbewerb in politischer Unkorrektheit?
Ich hatte einmal an prominenter Stelle vorgeschlagen, einen Wettbewerb in politischer Unkorrektheit zu veranstalten. Leider ist niemand auf den Vorschlag eingegangen. Hier ein Beitrag zu einem Wettbewerb, der leider auch in Zukunft nicht stattfinden wird:
Flüchtlinge
Wir sollten alle Reisenden der Einfachheit halber „Flüchtlinge“ nennen: diejenigen, die aufbrechen, weil ihr Leben bedroht ist, wie auch die, die aufbrechen, weil sie sich der Illusion hingeben, am Ort jenseits des Meeres wäre das Leben bequemer als in ihrer Heimat. Ach stimmt ja, die werden ja schon „Flüchtlinge“ genannt. Dann schlage ich eine weitere Erweiterung des Begriffs vor: Wenn ich mit der Bahn zu einer Feier reise, bin ich ein Flüchtling vor der Feierlosigkeit bei mir zu Hause und anschließend bin ich ein Flüchtling vor der Menschenansammlung in die Ruhe meiner Wohnung. Ständig sind Menschen hierhin und dahin auf der Flucht, sei es vor der Ruhe oder sei es vor dem Stress: Sie fliehen in den Abenteuerurlaub und sie fliehen an vermeintlich ruhige Sandstrände. Alles Flüchtlinge!